Bei mir ist es neben vielem anderen ein übermäßig ausgeprägter
Hygienefimmel (nein, leider kein Putzfimmel), gepaart mit neurotischem Ekel. Was ich zum Beispiel gar nicht haben kann, ist der
gemeinsame Verzehr von Speisen. Das heißt nicht, dass ich mit meiner Pasta
einsam vor dem Fernseher sitze, während der Rest der Familie am Küchentisch zu
Abend isst. Nein, es geht um die partnerschaftliche Benutzung von Besteck oder
das Leeren von Tellern, die nicht meine eigenen sind. Noch heute erinnere ich
mich mit Grauen an angelutschte Bonbons, angekaute Hörnchen oder angebissene
Magnums, die meine Freundinnen großzügig mit mir teilten. Nicht ahnend, was sie
mir damit antaten.
Die Neurose
Die Neurose
Diese Neurose macht weder vor meinem Mann noch vor
meiner Tochter halt, weshalb vieles – in Ermangelung eines tierischen Endverbrauchers im Haushalt – im Müll landet. Und es tut mir auch
Leid, aber ich kann einfach nicht. Und es geht natürlich noch weiter: Ich habe
nämlich große Angst vor Keimen. Während andere Frauen einen Lippenstift in der
Handtasche mit sich führen, ist es bei mir die Hand-Desinfektion. Man weiß ja nie. Auch
heute kam sie wieder zu Einsatz.
Ich also mal wieder bei Rewe. Töchterlein war auf unserer
Einkaufstour schon bei Aldi eingeschlafen und wir schoben
eine völlig weggetretene Dreijährige im Einkaufswagen durch die Gänge. Weil die
Leute schon komisch guckten, entschied ich mich, Ehemann und Kind im Auto zu lassen. Ich schnappte mir das
PET-Leergut und stellte mich mutig dem Automaten, der mir immer mit offensichtlichem Vergnügen die Hälfte der eingelegten Flaschen hämisch ins
Gesicht zurückspuckt.
Aber, oh Glück: diesmal klappte es sogar besser als sonst. Bis auf eine
kleine Flasche, nahm er alles an. Geistesabwesend schraubte ich sie auf und
blies hinein, um das Etikett zu glätten, bis ich mir letzteres genauer ansah.
OH NEIN!!!! Das war gar keine Flasche von uns, sondern diese ominöse, die ich
eine Woche zuvor im Hof aus dem Gebüsch geklaubt hatte und die – OH GRAUS!!!! - sehr wahrscheinlich einem dieser
Handwerker-Typen gehört hatte, die die Hauswand neu gestrichen hatten. WÜRG!!!
Keime satt
Keime satt
Ich stellte mir bildhaft vor, was ich mir mit der Aktion nun
alles eingefangen hatte. KEIME!!! Meine Nackenhaare stellten sich auf, meine
Handflächen wurden feucht, langsam bildete sich Schaum vor meinem Mund. Die
ersten Krankheitsanzeichen??? Zitternd suchte ich in meiner Handtasche nach dem
Hände-Desinfektionszeug und verrieb es großzügig auf meinen Lippen. GANZ.
SCHLECHTE. IDEE. Das Zeug brennt wie Hölle!!! Ahhhhhhhhhhhhhh!!
Vom anderen Tunnelende des Automatens schauten mich zwei blaue Augen teils befremdet, teils mitleidig an. Der Azubi war wohl gerade dabei, das Leergut zu sortieren und fragte sich wahrscheinlich, was für eine Gestörte da vor seinem Automaten rumzappelte. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, meine Bons noch
an der Kasse einzulösen, nur noch, dass ich eine Ersatzleggings meiner Tochter aus
der Tasche riss und als Spucktuch vors Gesicht hielt (ja, auch aus Scham). Das
Ganze ist jetzt drei Stunden her. So langsam lässt der Speichelfluss nach.
Dafür habe ich psychosomatisches Sodbrennen. Ich meine, was, wenn ich doch was geschluckt habe???
Ich finde, die
müssten außer Hand-Desinfektion auch draufschreiben, dass man sich das Zeug nicht
in den Mund reiben soll. Wäre ich jetzt in den USA würde ich klagen, klagen,
klagen und Millionen an Schmerzensgeld kassieren. So aber nehme ich mir noch
eine Portion Eis, lege mich ins Bett und träume von einer keimfreien Welt.
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