Ich habe mal wieder eine wahre Geschichte rausgehauen. Sie ist wirklich fast ganz haargenau so in etwa passiert. Fakt ist: Meine Tochter ist ein völlig immateriell eingestellter Mensch, der die Kaufhof-Kinderabteilung als Spielzeugmuseum betrachtet. Von wem sie das wohl hat...
Das Schnullergeschenk
Es gibt Kinder, die schlafen ab dem dritten Monat durch,
essen alles, was man ihnen vorsetzt, geben ihren Schnuller mit eineinhalb
freiwillig ab. Und es gibt unsere Tochter. Sie schläft nur durch, wenn man sie
zu Beginn der Tagesthemen ins Bett legt. Sie isst so gut wie nichts von dem,
was man ihr vorsetzt und sie war auch mit zwei weit davon entfernt, jemals
ihren Schnuller abzugeben.
Anläufe mit lustigen Geschichten und Schnullerfeen hatte es
viele gegeben. Unsere Tochter reagierte darauf wie immer, nämlich gar nicht. Also
wagte ich eine kleine Umfrage im Freundeskreis. „Unserem Konrad mussten wir den
Schnuller nicht abgewöhnen, er hat nie einen gebraucht.“ Ja, ich weiß, dachte ich
im Stillen, und er hat auch mit drei Monaten durchgeschlafen…
„Lisa hat ihren Schnuller an Weihnachten in die Krippe
gelegt, für das Jesuskind.“ Wow, coole Idee! Weihnachten kam, unsere Tochter
entwickelte eine ungeahnte Begeisterung für „Baby Jesus“ und nannte sogar ihre
Lieblingsente nach ihm. Bloß ihren Schnuller, den bekam er nicht. Freunde
berichteten indes von Freunden, die eine „Schnuller-Station“ im Kinderzimmer
angebracht hatten: Nagel in die Wand, Schnuller mit Schnur dranbinden, Kissen
davorlegen. Bei meiner Tochter löste die Installation umgehend einen
Wutausbruch aus, den ich ihr nicht ganz verdenken konnte.
Der Weckruf
Und dann kam dieser Vormittag im Café. Neben uns saß ein
Herr, rührte in seinem Tee und sagte freundlich. „Sie sollten Ihrer Tochter den
Schnuller abgewöhnen, sie hat einen offenen Biss.“ Es stellte sich heraus, dass
er Zahnarzt war und wusste, wovon er sprach. Das Gespräch wurde zum Weckruf für
unsere Tochter. Todesmutig erklärte sie am Abend: „Ich schmeiß den Schnuller
jetzt weg.“
Eine Entscheidung mit Folgen... Die Fachliteratur prophezeit
unentschlossenen Eltern maximal zwei bis drei unruhige Nächte, wenn es um die
Schnuller-Entwöhnung geht. Aber die kennen ja auch unsere Tochter nicht. Nach
drei Wochen (!) zermürbenden Kampfes und Minimalschlafes hatten wir es endlich
geschafft. Der Schnuller war Geschichte, eine riesige Belohnung musste her.
Wir also wildentschlossen in die Kaufhof-Kinderabteilung. Ich
dachte an XXL-Plüschgiraffen und dreistöckige Puppenhäuser mit kleinen Bettchen,
Schränkchen und Mini-Toilette. Selbst mein Mann hatte einen großzügigen Tag und
sprach die legendären Worte „Such dir etwas Schönes aus, Schatz!“ Zu mir hat er
das noch nie gesagt…
Mit großen Augen stand ich vor einem detailgetreuen Bauernhof
und sagte zu meiner Tochter: „Guck mal, Süße, wie schön!“ Sie sah sich alles
an, schaute dann begeistert zu mir hoch und meinte: „Toll! Darf ich jetzt
Rolltreppe fahren? Bitte Mami!!“ Na gut, dachte ich. Dann also erst Rolltreppe
fahren. Wir haben ja Zeit. Ich schickte Mann und Tochter aufs mobile
Stufenelement und schaute mich weiter um.
Im Kinderhimmel
Oh, eine Kindergitarre, wie süß. Und ein echter Laptop!
Krass!! Puppen, Puzzles, Wasserspielzeug. Ich war im Kinderhimmel. Und meine
Tochter fuhr immer noch Rolltreppe. Ich fing sie oben ab und klatschte in die
Hände. „So Mäuschen, jetzt gibt es Geschenke!“ Wir streiften durch die Gänge, ließen
sie auf Schaukelpferden reiten, mit einem Grizzlybären spielen, ein
ferngesteuertes Auto lenken, machten ein Foto mit Biene Maja. Und dann sagte
sie plötzlich: „Gehen wir jetzt nach Hause?“ „Ja, willst du dir denn nichts
aussuchen?“, fragte ich entgeistert. „Nein, danke.“ (Sie sagte wirklich danke).
Irgendwie fühlte ich mich in meiner Mission empfindlich
gebremst und konnte gerade noch ein enttäuschtes „Och!“ unterdrücken.
Anderseits war ich auch sehr stolz auf meine immateriell eingestellte Tochter.
„Das hat sie von mir“, tat ich meinem Mann kund, bevor ich schnell mit einem lila
Pferde-Schlüsselband, vier Blumen-Ausstanzern und einer total stylischen
Stofftasche zum Selberbemalen Richtung Kasse lief. Warum sollte ich mir nicht
auch mal was gönnen.
Das wollte ich immer
schon haben!
Als ich zurückkam, sah ich Mann und Tochter andächtig vor
einem kleinen Basketballkorb stehen. „…und dann musst du den Ball da oben
reinwerfen“, hörte ich meinen Mann erklären und meine Tochter nickte eifrig. Sie
drehte sich zu mir um: „Mama, so einen Basketball-Dingsbums wollte ich immer
schon haben“, sagte sie inbrünstig. „Super“, antwortete ich mit einem scheelen
Blick zu meinem Mann, der früher übrigens einmal passionierter
Basketballspieler gewesen ist.
An der Kasse stapelten sich dann neben Basketballkorb und
zugehörigem Basketball übrigens auf wundersame Weise noch drei Jonglierbälle,
eine Laserpistole und Star Wars-Shuttle. Seltsame Auswahl für eine Zweijährige…
Aber mal ehrlich: wir hatten es uns auch wirklich verdient J
Es grüßt euch
Die Nachbarin
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