Wie das Zauberwort heißt? Na zz - ziemlich zügig!! |
Struktur und Rituale
Man soll Kinder ja mit Struktur und gleichbleibenden
Ritualen erziehen. So in etwa hört sich also unser tägliches Morgenritual an, souverän
choreographiert von unserer dreijährigen Tochter, die seit einiger Zeit zur
Diva mutiert ist und sich einen ganzen Stab an Hauspersonal hält: Mutter und
Vater, sowie zwei Omas und einen Opa. Echt ich will ein Gehalt! Während sie im
Kindergarten mit „bitte“ und „danke“ arbeitet, hält sie sich zu Hause nicht mit
anstrengenden Höflichkeitsfloskeln auf.
Ein gebellter Befehl, ein lautes Kreischen, dass in ein
gepeinigtes Jaulen übergeht, wenn die Welt mal wieder nicht begreifen will -
also einfach zu blöd und unfähig ist, zu kapieren - was man will. Obwohl man
sich doch klar ausgedrückt hat!!! „KAKAO!!“ heißt erstens: sofort! Zweitens:
34,5 Grad. Und drittens: zu servieren mit langstieligem Löffel und einer
Auswahl an drei verschiedenfarbigen Strohhalmen. Und auch dann gibt es
Fallstricke, die das Projekt noch zum Scheitern verurteilen können.
Das Kind endet dann regelmäßig schreikrampfend auf dem
Fußboden. Und es ist noch nicht mal halb acht. Das heißt der Kampf um
Strumpfhose und Pullover-Auswahl steht noch bevor. Der gute Erzieher bleibt ruhig
und konsequent, lässt dem Kind die Wahl, wo es möglich ist und setzt sich durch,
wenn er es für wichtig hält. Also: „Schatz! Heute ist es kalt, du hast also die
Auswahl zwischen diesen drei warmen Strumpfhosen.“ „Neeeeeeiiiiiiiiii!“ „Wie
nein?!“ „Ich will keine Jacke anziehen!“ „Süße es geht gerade nicht um die
Jacke, sondern um die Strumpfhose.“ „Ich will aber Leggins.“
Der Kampf geht weiter
Irgendwie schaffen wir es fast immer bis acht Uhr in den
Kindergarten, wo sie dann bis halb drei ihre brave, vernünftige, selbständige
Seite zeigt („Wie, du kannst schon seit drei Monaten deine Leggings alleine
anziehen???“). Es heißt ja, dass man gute Erziehung daran erkennt, wie sich das
Kind bei Fremden benimmt. Ich glaube ja eher, dass sie den ganzen Vormittag
Kraft sammelt, um nachmittags wieder den Kampf aufzunehmen. Der geht weiter, sobald
wir die Wohnung betreten.
Jesper Juul sagt: Wenn ein Kind immer wieder versucht, das
Gleiche durchzusetzen, dann liegt es daran, dass es noch nicht versteht, dass
eine Regel etwas Wiederkehrendes ist. Immer schon werden nach dem Reinkommen die Hände gewaschen. Das
heißt, nachdem ich meine Tochter in schmutzverkrusteten Gummistiefeln durch die
gesamte Wohnung verfolgt oder an besseren Tagen eine langwierige Diskussion gewonnen
habe. Mich strengt das so an, dass ich mich um 15 Uhr gerne hinlegen würde, um
danach gleich ins Bett zu gehen. Jesper Juul würde wahrscheinlich sagen: „Das
Kind hat die Regel begriffen. Erst der Kampf, dann das Händewaschen.“ Danke
auch.
So geht es dann eigentlich den ganzen Tag weiter. „Mama,
wenn ich auf Klo sitz, musst du draußen warten… NEEEEIIIIN, nicht da, auf der
anderen Seite!!!“ (Soll heißen: Nicht rechts von der Tür, sondern links) „Mama,
mach mir einen tiefen Zopf. Einen TIIIIIIIIEEEEEFEN!“ - „Tiefer geht nicht!“ -
„WAAAAAHHHHH!“. Oder: „Papaaaaaa???“ (über drei Räume hinweg) „PAPAAAAA,
kommaaaaaaa!“ Ehemann schleppt sich ins Schlafzimmer. „Neeeeeeeiiiiiin, Mama
soll kommen!!!!“
Lachen verboten
Grundsätzlich verboten sind Unterhaltungen unter Erwachsenen,
lautes Lachen (manchmal auch leises Schmunzeln) und jegliche Art von
Anforderungen an Eure Majestät, die sich auf Nahrungsaufnahme, Körperpflege,
Ruhezeiten oder etwa Chaosbeseitigung beziehen. Immerhin, da ist sie
konsequent.
Auf die elterliche Stimmung wirkt sich der tägliche
Ringkampf auch nicht unbedingt positiv aus. Aber ein Silberstreif erscheint am
Horizont: Eine Freundin hat mir eine Bachblütenmischung versprochen, die kleine
Zornpuckel wieder zu sich selbst finden lässt. Wir hätten gerne eine
Zweiliter-Flasche. Ach so, und dann noch was fürs Kind.
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